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09.11.03 Zwickau, Stadthalle

Konzertbericht von jacqui

(c) Gila Mahlberg

Sehr ausführlicher Konzertbericht aus Zwickau, aber ACHTUNG nur lesen, wenn ihr genügend Zeit habt! Aber ich konnte einfachnix weglassen! Viel Spaß. (Der Bericht ist in Raten aufgeteilt, wäre sonst zu lang!)
Ich befand mich noch immer in der Grübelphase, ob ich nicht doch zu irgendeinem Solokonzert auf Daniels Sommeropenairtour fahren sollte (doch die meisten Orte waren einfach zu weit weg und ich fand niemanden, der mitfahren wollte, denn leider habe ich in meinem Bekanntenkreis keinen ebenso fanatischen Danielanhänger, wie ich einer bin), als am Abend des 25.07.2003 um genau 20:42 Uhr mein Handy piepste und mir eine SMS meiner besten Freundin ankündigte. Antje hatte mich im Mai auf das DSDS Konzert in Chemnitz begleitet und mich dabei "so euphorisch, wie noch nie" (O Ton Antje) erlebt. Ich sah das damals als absoluten Freundschaftsdienst an, denn eigentlich stand Antje überhaupt nicht auf Kübi und auch nicht auf DSDS. Antje gehört wohl zu den wenigen Menschen in Deutschland, die sich nicht auf einer Seite der Kübilager einordnen lassen. Sie liebt ihn nicht, aber sie hasst ihn auch nicht. Sie bezeichnet sich selbst als absolut neutral, findet manches ganz witzig, manches eher blöd und hat für mich und meine "Kübi Nöte" immer ein offenes Ohr! Danke Antje! Wie auch immer, jedenfalls schaute ich auf das Display meines Handys und meine Augen wurden immer größer. Ungläubig schüttelte ich den Kopf, aber schwarz auf grün *grins* stand da: "Hey Jaci, hab wichtige Neuigkeiten für dich. In der Freien Presse (unsere Tageszeitung) steht eine Annonce D. Küblböck kommt am 9.11. in die Zwickauer Stadthalle. Näheres Montag. Antje". Ich las die SMS mindestens 20-mal. Coburg, Lübben und alles was ich sonst noch so im Kopf hatte, waren vergessen. Daniel würde nach Zwickau kommen, ungefähr eine halbe Stunde Autofahrt von mir entfernt. Doch bevor ich mich in eine unruhige Nacht stürzen konnte, musste ich mich bei Antje natürlich noch bedanken: „Habe gerade deine Hammermail gefunden. Artikel bitte aufheben! Vielen lieben Dank! Nun kann ich ruhig schlafen! Jaci“
Natürlich wollte ich nichts dem Zufall überlassen und rief 2 Tage später schon beim Kartenvorverkauf an, um mir 2 supertolle Plätze reservieren zu lassen. Schließlich brauchte ich einen Sitzplatz nicht nur, weil ich dank eines Knieproblemes womöglich nicht in der Lage war, mehrere Stunden zu stehen (obwohl ich das für Dani auch auf einen Versuch ankommen lassen würde), sondern auch, um meinen zahlreichen Konzertaufgaben gerecht zu werden. Ich war schließlich nicht zu meinem Vergnügen dort, sondern musste alles auf Band aufnehmen, mit dem Handy hantieren, fotografieren und diverse Winkelemente schwenken.
Bereits am 31.07. holte ich stolz meine Karten ab. Tribüne H, Reihe 2, Platz 12 und 13. Laut dem Bildschirm der Kartenverkäuferin nahezu am Bühnenrand. Das Warten konnte beginnen und das große Zittern, denn immer wieder las man oder versuchten es Danielgegner aus meinem Bekanntenkreis mir einzureden, dass der Kartenverkauf nicht so gut laufen würde und Konzerte auch abgesagt werden könnten. Im September hielt ich es nicht mehr aus. Ich rief in Zwickau an und fragte nach dem Verkaufsstand der Tickets, einer etwaigen Konzertabsage und ob man irgendwo Tourplakate herbekommen könne, denn bei uns in Chemnitz war nicht ein einziges zu sehen. Dabei hängen sonst an jeder Straßenecke irgendwelche Carpendales oder Hinterseers rum, wenn sie die Zwickauer Stadthalle beehrten. Den Verkaufsstand konnte mir die nette Dame am anderen Ende der Leitung nicht benennen, da es die Karten bei unterschiedlichen Anbietern gab. Eine Absage wäre eher unwahrscheinlich, da diese dann schon eher und nicht erst jetzt im September hätte erfolgen müssen.
Anderenfalls, wäre dies mit einem großen Imageverlust des Künstlers verbunden und das würde kaum einer riskieren, beruhigte sie mich zudem. Tourplakate gab es jedoch keine, denn die Stadthalle selbst, habe nur ein paar wenige erhalten, um für das Konzert zu werben. Ich solle einfach den Posterverkauf beim Konzert abwarten. Heute ist mir bewusst, dass diese niedrige Anzahl der Tourplakate mit maßgebend war, dass die Halle nicht so gut besucht war. Zwickau ist eine kleine Stadt und sicher nicht gerade voll mit Kübifans. In den umliegenden größeren Städten, haben bestimmt nicht alle mitbekommen, dass ein solches Konzert geplant ist, Klar, eingefleischte Fans wissen es sowieso. Aber es gibt sicher auch viel Laufkundschaft. Ich denke da vor allem an Familien mit kleineren Kindern. Die Kleinen würden Daniel auch gern sehen, bekommen aber nichts davon mit, die Eltern werden kaum ständig in der Bravo oder dem Internet forschen, so dass es an ihnen auch vorbei geht. Hätte das Konzert jetzt in Chemnitz oder einer anderen größeren Stadt stattgefunden oder wäre mehr Werbung dafür gemacht worden, hätten sicher noch ein paar mehr gesagt: „Ach, das schaue ich mir mal an“.
Der Countdown begann am Freitag dem 07.11.2003 zu laufen. Die Sendung GOLD, GOLD, GOLD stand an und ich hatte eine Einladung nur knapp verpasst. Ich war mit meinem Video auf dem 4. Platz gelandet und saß daher zuhause auf dem Sofa und nicht in Hamburg in Augenhöhe mit Daniel. Halb neidisch, halb belustigt, halb gerührt checkte ich meine Konkurrenz ab und zog das Resümee: 1. Gegen die Lisa hättest du keine Chance gehabt! 2. Besser wie sie, hätte niemand die Situation dort retten können, auch Du nicht und wenn du noch so rührselige oder kämpferische Worte gegen die Buhrufer gefunden hättest. Und 3. Freue dich einfach auf das Konzert.
Gesagt, getan. Am Sonntagvormittag traf ich die letzten Vorbereitungen. Das hieß, Klamotten bereitlegen. Ich hängte das Nena Shirt, eine schwarze Krawatte, rote Armstulpen und meine Lieblingsjeans heraus. Ich legte die
kleinen Sonnenblumenhaarspangen daneben und stellte die roten Adidasschuhe bereit. Meine Schwester würde Schreikrämpfe kriegen und sicher so tun, als würde sie mich nicht kennen, aber das war schließlich ihr Problem.
Vermutlich würde sie sich ohnehin über nichts mehr wundem. Dann drehte ich eine weitere Folge der beliebten Heimwerkerserie "Hör mal, wer da hämmert" oder auch "Basteln für Anfänger", denn ich brachte mühselig und
unter Zuhilfenahme aller meiner Finger und Zähne, Klebstoff, Klebeband und Tacker meinen blinkenden Leuchtstab an einer großen Sonnenblume an. Damit wollte ich heute Abend Daniel winken. Auch das
Diktiergerät, Kassetten, Ersatzbatterien und natürlich mein neuer Fotoapparat wurden bereit gelegt. Zwischendurch durfte ich nicht den Blick auf die Uhr vergessen (meine war übrigens genau 10: 10 Uhr stehen
geblieben), denn von 12:00 12:30 Uhr konnte man Daniel in Zwickau anrufen. Ab 11:45 Uhr tippte ich mir die Finger wund und das unter erschwerten Bedingungen, denn die Wahlwiederholungstaste hatte irgendwann
(vermutlich am 01.03.2003) ihren Geist aufgegeben. Freizeichen. Aber da es noch nicht 12:00 Uhr war, ging auch keiner ran. Ich ließ es klingeln, bis man mich aus der Leitung kickte und schaute derweil aus dem Fenster.
Der Himmel war strahlend blau und die Sonne lachte mir direkt ins Gesicht. Ich kniff die Augen zusammen und spürte, Daniel musste schon in unserer Nähe sein, daher das schöne Wetter. Am Freitag hatte man schließlich
auch über das Sonnenwetter in Hamburg berichtet. Ich startete einen 2. Versuch mit demselben Erfolg. 5 Minuten vor 12 war noch jemand auf die gleiche Idee gekommen. Es war besetzt. In nahezu
schwindelerregender Schnelligkeit tippte ich immer wieder die Nummerntasten und es hätte mich nicht gewundert, wenn ich unten am Telefonboden wieder rausgekommen wäre. Jetzt, wieder Freizeichen. Es klingelte
und klingelte und mein Puls stieg. Jetzt sprang die Uhr meines Videorekorders, die ich im Blick hatte, auf 12. Es klingelte weiter. Niemand hob ab. „Nun mach schon“ beschwor ich den am anderen Ende der Leitung. „Geh ran. Jetzt ist es doch 12:00 Uhr“. Aber nichts rührte sich. Zack, besetzt, schon wieder hatte es mich aus der Leitung geschmissen. Sofort wählte ich erneut, doch ab jetzt war nur noch besetzt. Na toll, war ja auch nicht anders zu erwarten gewesen. Ich versuchte es wieder und wieder. Plötzlich war die Leitung frei. Ich hielt den Atem an, mein Herz raste. Es hob jemand ab. Es klackte und plötzlich war wieder besetzt. Ich schnappte nach Luft. Das durfte ja wohl nicht wahr sein. Hatte man mich jetzt gezielt rausgeschmissen? War jemandem der Hörer aus der Hand gefallen? Hatte jemand eine falsche Taste gedrückt oder war man einfach nur zu blöd zum telefonieren? Ich schimpfte leise vor mich hin. Da war nun endlich frei und dann das! Ab jetzt war nur noch besetzt. Zwischendurch sagte ein Band sogar: „Zur Zeit ist niemand erreichbar, bitte versuchen Sie es später noch mal.“ Na tolle Idee. Ich wählte weiter. Geradezu blind tippte ich die Zahlen ein. Dann war wieder frei. Es klingelte. Wieder klopfte mein Herz so laut, dass ich dachte, es springt gleich heraus. Immer noch frei. Vielleicht 5 Mal hatte es jetzt schon geklingelt. Jeden Moment erwartete ich eine bekannte unverwechselbare Stimme am anderen Ende, die sagen würde: „Küblböck“. Stattdessen wurde abgehoben und eine Frauenstimme tönte: „Hallo, hier ist die Christiane von der Morgenpost, du wolltest dem Daniel eine Frage stellen?“ Ich schluckte und brachte nur ein „Äh ja" zustande und das ist für meine Verhältnisse wirklich sehr wenig. „Wie ist dein Name?“ fragte sie mich aus. Ich musste buchstabieren, auch meinen Nachnamen und mein Alter wollte sie wissen. Bei letzterem stockte sie. „Ja“ sagte ich leicht genervt „ich weiß schon, Rentner“. Sie lachte. Sind wir 28jährigen Danielfans nicht auch Menschen? Schließlich wollte sie noch wissen, was ich den Daniel denn fragen möchte. Ich erklärte ihr, dass ich ihn eigentlich eher darauf aufmerksam machen möchte, dass doch heute am 9. November der Jahrestag des Mauerfalls sein würde und das ich fragen möchte, ob Daniel da heute Abend nicht etwas dazu sagen könnte (schließlich wollte diese Christiane eine Frage hören). Sie stutzte und brachte dann ein "Ach ja" zustande. Sollten Zeitungsmenschen solche Daten nicht eigentlich im Kopf haben? Ich saß wie auf Kohlen. Warum fragt sie das alles? Ich wollte doch mit Daniel telefonieren und nicht mit ihr. Auf den Gedanken, dass man darüber vielleicht in der Zeitung berichten wollte, kam ich in meinem momentanen Zustand natürlich nicht. "Gut" sagte sie jetzt und ich hielt den Atem an. "Dann geb’ ich dir jetzt mal den Daniel und du stellst ihm einfach deine Frage noch mal". Wie? Was? OMG!!!!!!! Ich atmete tief durch. Die Gänsehaut lief in Formel 1 Geschwindigkeit meinen Rücken rauf und runter. Mein Magen fuhr Achterbahn und mein Gehirn hatte ich vorhin beim Tippen wohl neben das Telefon gelegt. Welch ein Glück, dass ich wenigstens saß. „Haallouu“ sagte eine mir nur allzu gut bekannte Stimme. Ich stotterte rum, wie
ein 13jähriger Teenie, bei seinem ersten Date. "Äh ja, das ist ja toll, dass ich jetzt tatsächlich durchgekommen bin". Die Fata Morgana auf der anderen Seite der Leitung lachte nur. Da meldeten sich die letzten Krümel meines Verstandes zurück und sagten: „Hey, du wirst doch nicht so blöd sein und nur "dünnes" labern, was soll Daniel denn von dir denken? Wahrscheinlich haben heute alle schon so geklungen. Zeige ihm, dass du dich durchaus artikulieren kannst! Nutze deine Chance und stelle ihm all die Fragen, die du schon immer mal stellen wolltest“. Das führte dann dazu, dass ich Daniel in Grund und Boden quasselte. Der Arme kam ja kaum zu Wort. Vermutlich denkt er jetzt: "Was ist das denn für eine?!". Erschwerend kommt ja noch hinzu, dass ich, wenn ich aufgeregt bin, sehr schnell spreche (meine Mutter sagt in solchen Momenten immer: „jetzt schnattere nicht so!“. Mein Bruder versteht dann immer einfach kein Wort. Na wie praktisch bei einem Telefonat mit einem bayerischen Megastar!) Geistesgegenwärtig griff ich nach dem Diktiergerät. Das wichtigste Telefonat meines
Lebens musste schließlich für die Nachwelt festgehalten werden. Ich drückte auf die Aufnahmetaste und mit letzter geistiger Kraft erkannte ich, dass ich das Mikrofon möglichst nah ans Telefon halten musste. Meine Hände, meine Arme und ich, wir alle zusammen zitterten so sehr, dass ich befürchtete jeden Moment mit dem Diktiergerät an den Hörer zu knallen und bei Daniel einen Hörsturz auszulösen. Ständig ermahnte ich mich, dass mein Verhalten absolut affig ist, schließlich ist Daniel ein ganz normaler Mensch. Wenn auch ein besonderer. Aber sagt das mal den Gehirnzellen, die für die Körperbeherrschung zuständig sind. So nahm das Gespräch seinen Lauf. (Details im Thread „Mein Telefonat mit Daniel“). Es klackte in der Leitung. Daniel hatte aufgelegt. OMG. Ich beförderte den Hörer irgendwie auf die Gabel zurück und ließ einen typischen OMG Schrei los. Ich war nicht mehr zurechnungsfähig. Ich hatte mit Daniel gesprochen. Ich hatte mit Daniel gesprochen? Ich hatte tatsächlich mit Daniel gesprochen! Ich konnte es immer noch nicht fassen. Aber da war das Diktiergerät und das Band bestätigte mir, dass ich keine Halluzination gehabt hatte. Ich schüttelte ungläubig den Kopf Für einen Moment, war das Konzert am Abend vollkommen in meinem Gedächtnis ausgelöscht. Wie? Was? Welches Konzert? Ach, da war ja noch was. Aber ich hatte doch gerade mit Daniel gesprochen. Gabi! Wer war das noch? Ich musste Gabi davon erzählen. Mein Handy hing noch an der Leitung. Schließlich musste der Akku heute Abend viel aushalten. Mit zitternden Fingern tippte ich die SMS an Gabi ein: "Habe gerade mit Daniel telefoniert!!! Bin total gestärbbt. Gabiii! Habe auch von dir erzählt! Und alles auf Band aufgenommen! Jaci".
Zwischendurch schaute ich immer wieder aufs Handy. Noch keine SMS von Gabi. Das konnte nicht angehen! Ich wählte ihre Festnetznummer. Eine Männerstimme meldete sich, Gabi wurde ans Telefon geholt. „Hast du meine SMS nicht bekommen?“ fragte ich aufgeregt. „Doch, alle ankommen“ erwiderte Gabi treuherzig. „Nein, ich meine die von vorhin, von heute Mittag“ stellte ich richtig. „Nein, ich habe noch gar nicht geschaut.“ Sie holte ihr Handy, stellte fest, dass der Speicher voll war und überlegte, wie sie den löschen könnte. Ich unterbrach sie: „Na ich kann dir das ja auch jetzt erzählen.“ „Ok“ meinte Gabi und lachte. Und dann sprudelte es aus mir heraus: „Ich habe nämlich gerade mit Daniel telefoniert. Mit ihm persönlich und ganz echt!!!!“ „Waaaaaaaaaaas? Waaaaaaaaaahsinn“ kam es vom anderen Ende, aus der selben Muschel, aus der vor 2 Stunden noch Daniels Stimme geklungen hatte. Ich erzählte Gabi in allen Einzelheiten von unserem Gespräch und natürlich wurde auch das Band abgespielt. Gabi stärrbte live am Telefon mit. Wir zwei waren so was von aus dem Häuschen (in diesem Fall Gabis, denn ich hab ja nur ne Mietwohnung). Am Ende glichen wir noch mal unseren Schlachtplan für den Abend ab, dann legte ich auf.
16.30 Uhr. Ich machte mich auf den Weg. Zunächst musste noch meine Schwester (48 Jahre alt und kein wirklicher Faniel) abgeholt werden. Auf der Fahrt nach Zwickau erklärte ich ihr ihre Aufgaben. „Pass auf!“ sagte ich „Du bist heute Abend nicht zu deinem Vergnügen mit, das wird richtig harte Arbeit'. Meine Schwester verstand nur Bahnhof. Sie fragte nach meinem Plakat. „Welches Plakat?“ wunderte ich mich. „Na das, was du letztens mit hattest!“ kam zurück. Tsst. Als ob ich so was zweimal verwenden würde. Da kannte sie mich und meine Kreativität aber schlecht. Also, erklärte ich ihr, wie ich das auch einem Zweijährigen erklären würde (oder eben einem Nichtfan). „Letztens waren alle von DSDS da und da musste ich Daniel schließlich zeigen, dass ich nur wegen ihm anwesend war. Schließlich sollte er wissen, dass ich für ihn gekommen war. Deshalb das Plakat mit seinem Namen drauf. Dieses Mal ist das aber so klar, wie die Kloßbrühe von heute Mittag gewesen wäre, wenn ein gewisses Telefonat nicht die Klöße zum zerkochen gebracht hätte. Aber da einem ja nur gewunken wird, wenn man quasi ein Erkennungsmerkmal dabei hat, habe ich heute eine leuchtende Sonnenblume mit!“ „Aha“ machte meine Schwester nur und was sie dachte, wollte ich lieber gar nicht erst wissen.
Es dämmerte. Gleich war es 17.15 Uhr und von der Zwickauer Stadthalle noch nichts zu sehen. Hoffentlich waren wir pünktlich. Doch schon stiegen wir aus dem Auto, d.h. ich entschwebte demselben und begaben uns in Richtung Einlass. Kurzes Zurechtschiebens der Schmuggelware. Tief durchatmen und hinein ins Getümmel. Der Blick in meinen Beutel verursachte noch einmal leichtes Herzklopfen, doch der Fotoapparat wurde anstandslos durchgelassen. Im Foyer blickte ich zunächst in Dutzende freudig erregte Gesichter, zumeist weiblich. Und sah jede Menge Krawatten, Ringelsocken, Stulpen, Schottenröcke und was der gemeine Kübifan sonst noch alles zum Überleben benötigt. Für Getränke und Essen war keine Zeit mehr. So wurden nur die allernotwendigsten Bedürfnisse erledigt. Also, ein Toilettengang und der Posterkauf. Ich kaufte 2 Stück für je 5 Euro. Auf dem einen trug Daniel den weißen Froopanzug und sah richtig gut aus. Das bestätigte sogar meine Schwester und das ist ungefähr soviel wert, wie eine „ganz ansprechende Leistung“ eines Thomas Stein. Auf dem zweiten war Daniel mit den Boxhandschuhen abgebildet. Das Bild war zwar nicht ganz so schön, aber die kleine Mitteilungan die „besten Fans“, erweichten dann doch mein Herz, und meinen Geldbeutel. Mit all unseren Utensilien (ich hatte den spitzen Stiel der Sonnenblume schon zweimal meiner Schwester in die Rippen gebohrt) machten wir uns auf dem Weg zur Tribüne H. Nun sind ja Kübifans im Allgemeinen und Danieltelefonierer im Besonderen vor einem Konzert nicht mehr auf den neusten Stand der geistigen Technik, sprich absolut unzurechnungsfähig und so liefen wir zuerst mal im Kreis dreimal um ein paar Gänge und Wände herum und kamen im Laufe der Zeit mit immer mehr Konzertgängern im Schlepptau am Ausgangspunkt wieder an. Nun sollte man ja meinen, dass der Buchstabe H und ein paar aufgemalte Pfeile nicht soviel Lesekunst abverlangen, aber das kleine Treppensymbol daneben hätte man eben auch nicht außer Acht lassen sollen. Nachdem die einzig klar Denkende unter uns (also meine Schwester) ihren messerscharfen Verstand eingeschaltet hatte, erkannte es auch der letzte Kübifan und es fiel uns wie Schuppen vom Karpfen. Wir nickten eifrig, wie die Wackeldackel auf der Hutablage der Carpendale Fans und stiegen die Treppen rauf. Da! Ein Pfeil zur Tribüne H. Ich lief vorweg, der Kübiclan mir nach. Ich klinkte, aber die Tür war verschlossen. Da standen wir nun. Ein Dutzend bunte Kübifans schauten mit Dackelblick in die Runde. Ein kleiner Junge hatte wohl den Überblick behalten und denselben nicht beim Einlass abgeben und so fand die bunte Truppe schließlich eine offene Tür. Doch der nächste Schock kam sofort. „Freie Platzwahl!“ hieß es. Mir wackelten die Knie! Was?! Da hatte ich extra 200 Jahre vorher meine Karte bestellt, um den bestmöglichen Platz zu ergattern, weil ich eben nicht mit den Teenies und deren Ellenbogen um die Wette rennen wollte und dann das! Doch langes Schimpfen und „Frechheit“ Gemurmel brachten mir nix ein, außer einem womöglich noch schlechteren Platz und so machte ich mich frisch, fromm, fröhlich, frei auf den Weg. Ich stapfte durch die spärlich besetzen Reihen und ließ meinen Blick schweifen. Da! In der 3. Reihe war Platz. Schon wollte ich mich setzen, da meinte meine Schwester, dass gegenüber der Bühne eine bessere Sicht auf die Dinge zu erwarten war, als so halb von rechts. Ich musste ihr Rechtgeben und schlürfte weiter durch die Gänge. Trat dabei auf das eine oder andere Schild und bohrte jedem Fan mal meine Sonnenblume in irgendwelche vorhandenen Öffnungen. Jetzt erblickte ich die nächsten freien Plätze genau gegenüber der Bühne. Perfekt. Schon wollte ich über die Lehne steigen und mich von hinten sanft nach unten gleiten lassen (diese Form des Platznehmens wurde früher manchmal in der Uni praktiziert), als meine Schwester mich sanft und mit der Stimme eines Pflegers darauf aufmerksam machte, dass 3 Plätze weiter eine Treppe war und man dann ganz elegant in den unter uns liegenden Gang einbiegen konnte. Ich musste auch diese Idee neidlos für gut befinden und ließ mich in die richtige Richtung schieben. Als ich endlich saß, war sicher nicht nur ich, sondern auch mein Schutzengel mehr als erleichtert. Nun hatte ich Zeit die Szenerie zu begutachten. Die Bühne war ziemlich klein. Die Halle auch. Beides im Vergleich zur Chemnitz Arena. Unser Block H und der gegenüber waren gesperrt und mit Vorhängen verhangen worden. Das erklärte auch die freie Platzwahl und die verschlossene Tür zum Beginn unserer Odyssee. Anscheinend waren nicht genügend Tickets verkauft worden, sinnierte ich. Ich blickte mich um und stellte mit Erschrecken fest, dass unten max. 8 Reihen Stehplätze gefüllt waren. Fast kam man ins Überlegen, noch nach unten zu gehen, um sich einen vorderen Platz zu erkämpfen. Ganz aussichtslos wäre es jedenfalls nicht gewesen. Zwei kleine Mädchen, die eben noch vor mir saßen, kamen jedenfalls zu dieser Erkenntnis, schnappten sich ihr Plakat und waren wenig später unten wieder zu sehen. In den Rängen tauchte auch die eine oder andere Lücke auf. OMG, waren so wenig Kübifans in Sachsen unterwegs? Das konnte doch nicht sein! Zwar füllte sich die Halle noch, je näher der Beginn rückte, aber ein unbehagliches Gefühl überkam mich. „Wir können ja mal zählen“ schlug ich meiner Schwester vor und überschlug schon in Gedanken die Zahlen der Sitzreihen. Während ich meinen innerlichen Rechenschieber betätigte, meinte meine Schwester nur: „Ok, du die Leute, ich die Plakate.“ Sehr witzig!
Trotz der totalen Vorfreude auf das Konzert beschlich mich ein beängstigendes Gefühl, dass da sagte: „Und was, wenn Daniel deswegen gar keine Konzerte mehr in Sachsen gibt?“ Ich schob daraus resultierende etwaige Selbstmordgedanken und die Gründung einer Selbsthilfegruppe weit von mir und so gewann die Vorfreude wieder die Oberhand. Zudem beruhigte ich mich selbst, dass in einer großen Halle, in der vielleicht 5000 Leute Platz finden, schon die Hälfte verloren aussehen würde. Und 2500 Fans sind doch auch schon eine stattliche Zahl. Wie ich später erfuhr, waren aber „nur“ ca. 1200 Fans anwesend. Hoffentlich war Daniel deswegen nicht traurig. Schließlich hatte seine Tournee in einem ausverkauften Circus Krone begonnen. Hoffentlich dachte er jetzt nicht, dass er im Osten keine Fans hat. Hoffentlich kommt er trotzdem wieder. Hoffentlich geht es ihm in anderen Städten nicht auch so. Das alles dachte ich noch, bevor das Konzert überhaupt anfing, aber man kann seinen Kopf ja leider nicht ausschalten.
Punkt 18.00 Uhr wurde es dunkel. Jubel brach los. Das Konzert begann. Eine Ansagerin betrat die Bühne. "Ich hab gehört, ihr wollt den Daniel sehen?" begrüßte sie die wartende Menge. Ein Aufschrei folgte. "Super" fuhr sie fort. "Bevor das losgeht, möchte ich noch ein paar Sachen sagen. Kuscheltiere, Liebesbriefe, schöne heiße Stringtangas alles was ihr auf die Bühne werfen wollt, werft bitte jetzt auf die Bühne, ok? Wir wollen schließlich nicht, dass hier einem was passiert, ja? Und..." doch weiter kam sie nicht, denn da flog tatsächlich schon das erste Kuscheltier auf die Bühne. Gelächter und weitere Plüschtiere folgten. Philipp Cole wurde als Anheizer angesagt und begann sein Programm. Fast konnte er einem schon Leid tun. Denn obwohl die rockigen Klänge seines ersten Songs gleich ins Ohr gingen, machte kaum einer mit. Da ich GZSZ nicht schaue, kannte ich auch den Typen nicht und beschäftigte mich weiter mit meinen Konzertvorbereitungen. Die Koordination meiner einzelnen Aufgaben, bedurfte einer logistischen Feinarbeit und Meisterleistung, wie sie größer nicht hätte sein können.
Endlich betrat die Ansagerin wieder die Bühne. Ich hielt den Atem. Doch bevor ich einen Kreislaufkollaps bekommen konnte, rief ich erst noch pflichtbewusst bei Gabi an. „Jetzt geht es gleich los“ brüllte ich ins Handy und verstand kein Wort. „Ok,“ sagte ich „ich verstehe dich nicht, ruf einfach zurück, wenn du denkst“ und legte auf. Das tat Gabi dann auch. So ungefähr dreimal, doch in meiner Aufregung bekam ich das Klingeln nicht mit. Der Ton bislang noch leise eingestellt (was ich umgehend änderte), keinerlei Vibrationsfunktionen vorhanden und Augen und Ohren nur zur Bühne gerichtet, ließen mich Gabi zunächst mal überhören. Die Ansagerin spulte derweil ihren Text ab: "Sollen wir's jetzt krachen lassen?" erneut setzt lautstarker Jubel ein. "Mit Positiver Energie?" fährt sie fort. Der Jubel wird lauter. "Dann schreit laut miteinander Positive Energie!" schlägt sie vor. In einem sehr gemischten sächsischen Chor werden ihre Anweisungen umgehend in die Tat umgesetzt. "Liebe Fans der Positiven Energie" leitet sie nun endlich den Beginn des Abends ein "Nun kommt er, der Entertainer, Daaniiell Küüüblböööck!" Riesenapplaus und ohrenbetäubendes Kreischen brandet auf. Doch plötzlich ist eine beruhigende Melodie zu hören. Verschiedene Bilder werden gezeigt Auch Szenen vom Mauerfall. Aber die kann Daniel unmöglich aufgrund unseres Telefonates eingebaut haben. Jetzt werden Kinderfotos von Daniel gezeigt. Der Jubel wird noch lauter. Kurz darauf ertönt Babygeschrei und Daniels Stimme, der Textpassagen aus seinem Buch vorliest: „Du bist nichts und du wirst nichts werden“. Dazwischen wieder das Schreien eines Babys. Mir laufen Schauer über den Rücken. Die nächsten Worte gehen im Jubel unter. Doch plötzlich sagt ein kindliche Danielstimme: „Ich war’s nicht. Daniel war’s, der hat alles kaputt gemacht.“ Es ist eine unbeschreibliche Atmosphäre. Schon wie beim Lesen des Buches, bekomme ich Gänsehaut und werde traurig. Ich sehe den kleinen Daniel vor mir. Wie er unschuldig in die Welt blickt und wie er immer wieder verletzt wurde und wird. Ob es den anderen auch so geht? Doch spätestens als ein leerer Käfig auf die Bühne geschoben wird, von dem jeder Fan weiß, dass dort drinnen gleich Daniel himself auftauchen wird, gewinnt die Freude wieder die Oberhand und das Jubeln setzt erneut ein.
Der Zaubertrick scheint endlos lange zu dauern. Gebannt starren alle auf den Käfig. Endlich wird das Tuch beiseite geschoben und Daniel wird sichtbar. Ein ohrenbetäubender Beifallssturm ergreift die Halle. Auf der Leinwand über der Bühne, ist Daniels Gesicht in Großaufnahme zu sehen. Noch im Käfig fängt Daniel an zu singen. Tragedy. Wow, welch eine Bedeutung hat dieser Song für ihn. Was für eine Auswahl, jetzt, nach den Buchzeilen, eingesperrt in einem Käfig diesen Song zu singen. Daniel entsteigt dem Käfig. Er wirkt so professionell, sich seiner Ausstrahlung hier und jetzt und in diesem Moment zu 100 % bewusst. Mit einem tiefen, fast schon lasziven Blick schaut er ins Publikum und singt. Er trägt einen rosaroten Anzug. Eine ebensolche Krawatte zu schwarzem Hemd. Schwarze Schuhe. Dann setzt er den rosa Hut, den er sich aus London mitgebracht hat auf. Je rockiger der Song wird, umso mehr legt Daniel los und die Fans gehen mit. Ich schwenke wie verrückt meine Sonnenblume. Ob er sie sieht? Ob er sich noch daran erinnern kann? Ob er was sagen wird? Daniel fetzt über die Bühne, verausgabt sich schon jetzt, schont sich nicht und sprintet hinter die Bühne. Mit einem songtypischen "Tragedy!! " springt er anschließend von hinten durch eine Papierwand. Symbolisch für seinen eigenen Befreiungsschlag. Schon jetzt beim ersten Song, kann man nichts anderes mehr denken als: Wahnsinn! „Hallo Zwickau“ ruft Daniel kurz. Anschließend performt er bereits den ersten Song seines Albums. Und so rockt Daniel mit „I don't wanna live another life“ über die Bühne und macht auch mit dem 2. Song des Abends den letzten Zweiflern erneut klar, dass nur er weiß, was er will und was richtig und gut für ihn ist. Danach ist Durchatmen angesagt Bei Daniel und bei den Fans. Ich entdecke, die vielen ungehörten Gabianrufe und bekomme ein schlechtes Gewissen. Doch irgendwann habe ich sie an der Strippe. Daniel holt tief Luft. In der Großaufnahme sieht man, wie er schwitzt. „Meine Damen und Herren“ beginnt er zu reden und für einen Moment wird es ganz still im Saal. „Gehen wir genau 14 Jahre zurück“. Ich erstarre und halte die Luft an. Er macht es tatsächlich. Er sagt etwas zu einem Thema, dass ich ihm vorgeschlagen habe. Ich kann es nicht fassen und höre gebannt zu. „Am 9. November ist etwas passiert...und zwar...“. Er macht eine Pause, bis jetzt scheint noch niemand zu ahnen, was jetzt kommt. Dann fährt Daniel fort: „...ist die Mauer gefallen.“ Der Applaus im Publikum wird von Daniel mit einem „Super“ kommentiert. „Meine Damen und Herren, wissen Sie, was ich Ihnen sage?“ Erneut kurze Pause. „Ich wäre sehr traurig, wenn es nicht passiert sein würde...meine Damen und Herren“ schreit Daniel enthusiastisch ins Mikrofon. Die Leute jubeln. Viele seiner jugendlichen Fans waren seinerzeit noch gar nicht auf der Welt oder ebenso jung, wie Daniel selbst, der damals gerade mal 4 Jahre alt gewesen ist. Selbst ich, die 14 war, kann mich an Vieles gar nicht mehr so erinnern. Daniel erzählt weiter und schreit: „Im Osten wissen die Leute, wie man richtig feiert, meine Damen und Herren!“. Der Jubel lässt sich tatsächlich immer noch steigern. „Rock’n roll Hero“ kündigt Daniel an und der 2. Albumsong, dritter des heutigen Abends folgt. Eines meiner absoluten Lieblingsstücke auf Daniels Album.
Daniel strippt sich ans seiner Anzugjacke, wirft den Hut ab. Beides wird mit frenetischem Jubel gefeiert. Dann rockt er los: „Oh Baby, I’m, I'm a Rock'n Roll hero...“. Mich reißt es aus dem Sitz. Die Halle tobt. Daniel fetzt in gewohnter Manier über die Bühne. Endlich habe ich auch die Gabi an der Strippe. Ich drücke das Handy meiner Schwester in die Hand. Kurz darauf meint diese: „Ich habe die Gabi gelegt“. Ein kurzes „Häh?“ ist meine Antwort. Meine Schwester deutet auf den leeren Sitz neben sich, wo sie mein Handy abgelegt hat. Ach so. Ich muss lachen, dann wird weitergerockt. Daniel versucht derweil das Publikum mitsingen zu lassen. Es gelingt
nicht ganz. Anscheinend kennen doch noch nicht alle die Texte auswendig. Ein Umstand den ich ja nun so gar nicht nachvollziehen kann. Die letzten Klänge des Songs ertönen. Die Halle wird ruhiger. Eine junge blonde Frau
betritt in einem kurzen Glitzerfummel die Bühne. „Darf ich Ihnen eine schöne Frau vorstellen?“ fragt Daniel in die Runde. Verhaltener Beifall bei den jungen weiblichen Fans. „Ist sie nicht wunderschön, unsere Bella?“ fährt
Daniel fort. Braves Klatschen seiner Anhänger. Jetzt macht Daniel auf ganz schüchtern: „Und zwar, ich wollt fragen, ob du für mich tanzt?“. Das fragt der ausgekochte Bengel in einem derart verschüchterten Tonfall, ihr
wisst schon, mit so einem Dackelblick von unten heraus, der jede Enddreißigerin in Extase versetzen könnte. „Ja“ haucht die Schöne an seiner Seite, auf die mindestens 80 % des Saalpublikums neidisch ist. Dieses ist recht
gemischt. Teenies, kleine Kinder und ältere weibliche Anhänger (zähle ich mich jetzt mal mit dazu) halten sich in etwa die Waage. Ganze Familien sind auch zu Gast. Die Männer bzw. Väter dabei fast immer zuständig für das
Getränke heranschaffen. Eine 4köpfige Familie sehe ich. Mama, Papa, 2 Mädchen. Die sind alle, also auch der Vater, im Kübioutfit gestylt. Haben Danielshirts an und tragen karierte Krawatten. Spontan vermute ich, dass der
Familienvater von seinen 3 Frauen schlichtweg dazu genötigt wurde und anderenfalls aus der Familie geflogen wäre. Auch sehr viele alte Damen sind zu sehen. Weit über Fünfzig, aber ebenso mit Fernglas und Leuchtstäben ausgestattet, wie ihre 35 Jahre jüngeren Kollegen. Nachdem die Schöne für Daniel tanzen will, legt dieser mit „Love is in the air“ los. Schnell wird das Prinzip klar. Die gute Frau soll schlichtweg das untreue Luder mimen, das Daniel in diesem Song den Kopf verdreht. Es scheint zu klappen, denn danach verschwindet nicht nur Bella, sondern auch Daniel hinter der Bühne. Seine Band setzt ein und überbrückt die kurze Pause mit dem Song “Let me entertain you”. Das Publikum inzwischen merklich angeheizt, singt lautstark mit.
Danach ertönt Vogelgezwitscher, Bäume rauschen. Daniels Hörbuchstimme ertönt: „Das Paradies ist in dir. Auch ich bin auf der Suche nach der wahren Liebe. Nach der Person, die mit mir ein Ganzes bildet.“ und ich vermute, dass ca. 90 % seiner jungen weiblichen Fans der Überzeugung sind, genau diese Person zu sein. Und in deren gebrochenen Herzen hinein, betritt Daniel in einem grün weiß gestreiften Anzug die Bühne und erklärt erneut mit Unschuldsmine "1'm not a hearbreaker". Jetzt herrscht eine total romantische Atmosphäre. Feuerzeuge erglimmen. Wunderkerzen werden angebrannt. Leuchtstäbe leuchten auf und alles wird im Takt der Musik geschwungen. Meine Sonnenblume leuchtet im Dunkel derartig hell, dass ich schon fast annehme, es könnte Daniel blenden. Umso mehr wird sie in alle Richtungen und gegen alle umsitzenden Fans (Sorry noch mal) geschwenkt. Vielleicht erkennt er mich ja. Doch Daniel konzentriert sich ganz auf seinen Song. Seine Stimme klingt atemberaubend schön. Er hat die Augen geschlossen und wirkt so unglücklich verliebt, dass man meint, dieser Song habe sein ganzes Leben bestimmt. Eine Braut kommt auf die Bühne, dazu ein anderer Mann. Daniel schaut von oben traurig auf die beiden herab. Die Frau sieht ihn nicht. Als der Mann die Braut auf Händen von der Bühne trägt, blickt Daniel den beiden verletzt nach und seufzt noch einmal herzzerreißend ins Mikrofon: „I'm not a heartbreaker“. Dann schaut er in die Richtung seiner Fans und winkt ins Publikum. Auch in meine Richtung, ob er meine Sonnenblume doch gesehen hat?
Er verschwindet erneut kurz von der Bühne. Die ersten Töne von „Little Satellite“ erklingen und ein paar Tänzer erscheinen, die kleine runde Satellitenbälle vor sich her kugeln. Daniel betritt die Bühne. Er hat sich einen Wintermantel übergezogen. Auf die Entfernung könnte das glatt der Mantel sein, den er auch bei seinem Besuch in Eggenfelden getragen hatte. Er zieht einen Schlitten hinter sich her. Darauf sitzt ein kleines Mädchen. Ebenfalls in Winterklamotten gehüllt. Die Kleine steht auf und setzt sich mit Daniel auf eine Bank. Soweit ich weiß, hat sie diesen Auftritt bei einem Preisausschreiben der örtlichen Zwickauer Zeitung gewonnen. Daniel singt sie nun an: “Oh every day, oh every night, we are like a little Satellite…”. Zwischendurch beugt er sich zu dem Mädchen und drückt ihr einen Kuss auf die Wange. Ohrenbetäubender Jubel brandet auf. Das kleine Girl fackelt nicht lange, macht sich ganz groß und küsst ihr Idol ebenfalls auf die Wange. Der gleiche Jubel ertönt und in beiden Fällen, würden die meisten anwesenden Fans am liebsten mit ihr tauschen. Die beiden stehen auf und laufen zum vorderen Bühnenrand. Jetzt tanzt das Mädchen vor Daniel. Zwar nicht so ausgelassen, wie die kleine Lisa am Freitag, aber mindestens genauso entzückend. Am Ende des Songs, als der Beifall bereits lautstark einsetzt, ruft Daniel in die Menge: „Einen Applaus für dieses süße kleine Mädchen, meine Damen und Herren!“ und das Publikum kommt Daniels Anweisung nur zu gern nach.
Daniel läuft zur Seite, während das Mädchen die Bühne verlässt. Er zieht den Mantel aus und schnappt sich eine rote Weihnachtsmannmütze. Ich lache, denn ich hatte fast die gleiche Idee. Da ich für meine vorangegangen Bastelarbeiten nach allem was irgendwie blinkt Ausschau gehalten hatte, war ich irgendwann auch bei einer solchen Mütze gelandet, denn meine hatte kleine, leuchtende und blinkende Sterne. Daniel ruft in die Menge: „Zwickau geht's euch noch gut?“. Das jubelnde „Jaaaaaaaaa“ der anwesenden Fans scheint ihn zufrieden zu
stellen. Er setzt die Mütze auf und die Klänge des Weihnachtsongs „Merry Christmas“ ertönen. Langsam beginnt Daniel: „The snow is falling...“ und dann, welch ein Zufall, fängt es auf der Bühne an zu schneien. „Ein Glück das ich nicht mit dem Auto bin!“ witzle ich rum, aber meine Schwester scheint nicht zu verstehen, was ich meine. Schließlich wird der Song wesentlich rockiger und Daniel bringt die Halle zum Kochen. Dann singt er wieder extrem langsam und sofort setzt die besinnliche Atmosphäre wieder ein. Es ist unglaublich, wie dieser junge 18jährige die Leute, seine Fans und deren Stimmungen im Griff hat.
Kaum ist dieser Song zu Ende, ertönen die ersten Klänge des nächsten, eines mir nur allzu gut bekannten Liedes, untermalt von gelegentlichen "Hicksern" eines Schluckaufs. „Oh das ist geil, das Lied“ rufe ich meiner Schwester noch zu, denn es hat mir doch tatsächlich auch vor Daniel schon gefallen und greife nach dem Handy. Im Halbdunkel und mit einem Auge immer auf der Bühne tippe ich schnell „Stand by me“ ins Handy. Als Gabi wieder zufrieden auf unserem Nachbarsitz liegt, beginnt auch Daniel seine Performance: „Liebe Leute, ich möchte euch eine Geschichte erzählen...und zwar...wie ihr wisst, vor einem Jahr, habe ich mich bei Deutschland sucht den Superstar beworben und...“ weiter kommt er nicht. Frenetischer Jubel bricht los, so dass sein „glaubte nicht an mich“ fast untergeht. Es wird wieder ruhiger und Daniel erzählt weiter: „Ich glaubte immer...ich weiß nicht, ich glaubte irgendwie, die Leute glauben nicht so ganz an den Küblböck“ Der nun einsetzende stürmische Beifall beweist Daniel das Gegenteil. Er lacht kurz. Aber er will ja weiter erzählen. „Ich glaubte immer: When the night has come“ und er singt einen Teil dieses Hammersongs. „So, ok“ unterbricht er sich selbst. Ich war die Nummer 1 der deutschen Charts, also wirklich...“. Erneute Jubelstürme „... Ja, meine Damen und Herren, damit hab ich nie gerechnet!“. Ungläubig fährt Daniel fort: „Dann kam Heartbeat auf der zwei, dann kam das Album auf der zwei“ und jede Äußerung wird mit entsprechendem Kreischen honoriert. „Dann kam die große Sommeropenairtour, war immer voll...“ Oh je, denke ich, wenn er dann das hier sieht! Doch Daniel fährt unbeirrt fort: "Ich war...ich hab nur gedacht: He, was kann das eigentlich noch toppen? Mhm...“ grübelt Daniel und man glaubt es ihm. Und schon wieder setzt Jubel ein. „Gestern schlag ich die Bildzeitung auf...und ich weiß nicht, ich habe gesehen. Küblböck, Schumacher...“. Kurzer Beifall.“...und dann Goethe“ stellt Daniel verwundert fest. Ich wusste nur: „If the sky...ot the mountain...“. Die Geschichte geht weiter: „Ich bin wirklich ganz ehrlich, ich habe nicht mitbekommen, dass irgendwer gewählt hat und das da irgendwelche Leute gesucht worden sind. Ich las weiter.“. Kurze Atempause bei Daniel und den Fans. „Auf Platz 1 war Goethe, auf Platz 2 war Adenauer, auf Platz 3 war Einstein und ich dachte mir, ok...“. Die nächsten Worte sind kaum zu verstehen, es wird lediglich deutlich
Das irgendwer über irgendjemand überrascht ist. Und Daniel wundert sich immer noch: „Was hab ich gemacht? Meine Damen und Herren!“ Jubelschreie ertönen und Daniel schreit noch lauter: „Was hab ich gemacht?“. Anscheinend ist er immer noch vollkommen überwältigt von diesem Ergebnis. „Eine Frau kam her zu mir und sagte: Wissen Sie Herr Küblböck, eigentlich hab ich sie nie so gerne gemocht, doch komischerweise habe ich für Sie gestimmt! Und sie wusste nicht wieso, meine Damen und Herren!“ betont Daniel „Sie wusste nicht wieso!“. Auch dieser Teil der Geschichte wird mit ohrenbetäubendem Beifall honoriert. Daniel singt derweil weiter: „When the night has come...should crumble to the sea...und Hah!” unterbricht er sich. „Wer hat gestern Wetten Dass geguckt, meine Damen und Herren?“ blickt Daniel fragend in die Runde. „Auf einmal hörte ich, Daniel Küblböck hat Hausverbot?!?“ und schon setzt allseits ein lautes Buhgeschrei ein, während Daniel sich weiter wundert: „Was haben die Leute jetzt schon wieder?!“ fragt er sich und man glaubt es ihm, dass er es wirklich nicht versteht. „Was hab ich gemacht, meine Damen und Herren?!“ fragt sich Kübi erneut und seine Fans schütteln ebenfalls den Kopf. „Mhm“ grübelt Daniel. „Ok, es geht noch weiter. Auf einmal kam ein alter Mann zu mir und sagte, Herr Küblböck, ich muss Ihnen eins sagen, dass vergönn ich Ihnen!“ fährt Daniel fort und die Jubelschreie und Buhrufe halten sich die Waage, denn keiner weiß so recht, was er damit meint. Gönnt der alte Mann ihm den 16. Platz oder das Hausverbot in einer angestaubten Fernsehsendung? Daniel erzählt derweil weiter: „Ich sagte, was hab ich gemacht?!“ Und jetzt sind nur noch Jubelschreie zu hören. „If the sky...“ singt Daniel erneut ein paar Songzeilen, was mit einem lautstarken Gekreische der Fans honoriert wird. „Ok, es gab diese Liste und ich sah auf einmal, dass ich auf Platz 16 bin!“ Die Jubelstürme nehmen kein Ende. „Hinter mir Beckenbauer, hinter mir Becker, hinter mir Schumacher, hinter mir Gerhard Schröder...“. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund beginnt genau an dieser Stelle das Publikum lautstark zu jubeln. Daniel fährt unbeirrt fort: „Hinter mir Stoiber, hinter mir Marlene Dietrich und noch viele mehr und ich sagte:...When the night has come..." Daniel unterbricht sich erneut: „Ich weiß nicht, darf ich weitererzählen? Gefällt Ihnen die Geschichte?“ und der ringsum einsetzende Beifall bestätigt die Wissbegierde seiner Fans. „Ok, auf jeden Fall, was ich gemerkt hab...der einzige Lebende, der vor mir ist, ist Kohl! Und meine Damen und Herren, er hat wirklich gute Arbeiten geleistet. Das wollen wir auch mal sagen und ich dachte mir, sonst lebt ja keiner mehr. Ich bin der einzige Lebende, der so weit vorne ist...“. Die ersten beginnen zu jubeln. „...und...“ schon wird Daniel wieder von frenetischen Begeisterungsstürmen unterbrochen. Doch Daniel will noch was klarstellen. Es wird ruhiger im Saal. „Jetzt muss ich Ihnen dazu sagen: Lieber eine ehrliche Stimme vom Herzen, als irgendeine falsche Stimme, die nicht zählt, meine Damen und Herren!“ schreit Daniel in das jubelnde Publikum. „Dieser Platz 16, meine Damen und Herren, ist nicht Daniel Küblböck! Nein!!!! Dieser Platz 16 ist jeder Deutsche, der an sich glaubt, meine Damen und Herren!“. Daniels Stimme schwappt fast über. Die Begeisterung in der Halle ebenfalls. „When the night has come...“. Diese Zeilen gehen in den ohrenbetäubenden Jubelschreien der Kübifans fast unter. Vor allem als Daniel sich für einen Moment zu ihnen begibt. Er läuft die Bühnentreppe runter und schüttelt unzählige Hände. Auf der Leinwand ist zu sehen, dass man ihn gar nicht wieder gehen lassen will, ja regelrecht festhält. Doch Daniel ist nicht zu halten. Er stürmt wieder auf die Bühne und singt weiter: „...I won’t be afraid...oh darling, darling...stop!“ unterbricht Daniel erneut die Musiker. Er will jetzt nicht mit ihnen, sondern mit seinen Fans singen. Und schon
kreischen wieder alle und singen dann tatsächlich mit: „Oh Darling...“. Doch Daniel ist nicht noch nicht zufrieden: „Das geht viel lauter!!!“ animiert er das Publikum. In einer ohrenbetäubenden und Gänsehaut verursachenden Lautstärke singen nun alle gemeinsam: „...Darling, darling stand by me“ und in einem ganz langsamen und dadurch umso wirkungsvolleren Tempo singt Daniel den Song schließlich aus."Daaaaaniiiiieelll" kreischt es laut hinter mir und ich könnte fast schwören, dass die Stimme dazu einem „älteren“ weiblichen Fan gehört. Unter einem Riesenapplaus und ohrenbetäubenden Jubelschreien, verlässt Daniel die Bühne und macht Platz für seine Band, die mit „In the shadows“ die kurze Pause überbrückt. Doch wieder achtet keiner auf die hervorragenden Musiker, denn auf der Leinwand werden erneut Danielbilder eingespielt. Dieses Mal wird ein kleiner Film gezeigt, Titel: „Daniel und die Tiger“. Man sieht Kübi durchs Gras hüpfen, kleine Tiger über Wiesen laufen und Daniel Tigerbabys im Arm halten. Dabei lacht er so fröhlich in die Kamera, dass einem das Herz aufgehen könnte. Keine Spur von irgendeinem „Shadows“. Danach wird es wieder ganz still im Saal. Orientalische Klänge erklingen und Daniels Stimme liest aus seinem Buch: „Alles ist möglich, das Leben ist crazy.“. Die Musik wird lauter und noch orientalischer. „Jeder Tag kann uns verändern, wenn du deinem Bauch traust. Der Bauch kribbelt, wenn du liebst. Knautscht sich zusammen, wenn du hasst. Der Bauch ist die Menschenmitte, Zentrum des Lebens“. Meine roten Annstulpen verhindern das schlimmste bei diesen erneut Gänsehaut auslösenden Worten. Jetzt ist nur noch die orientalische Musik zu hören. Die Wand, durch die Daniel am Anfang noch gesprungen war, wird jetzt angeleuchtet. Und schon wird dahinter eine Schattengestalt sichtbar. Unverkennbar Daniel! Die Schreie seiner Fans zeigen, dass man ihn erkannt hat. Mit meditativen, buddhistischen oder auch orientalischen Schlangenbewegungen zelebriert Daniel die Musik. Seine Tänzer in entsprechende Kostüme gehüllt tragen Turban. Daniel kommt endlich hinter der Schattenwand hervor. Eine Art Würfel oder Tisch wird auf die Bühne geschoben. Auf diesem sitzt eine Frau und Danielfans wissen, dass nun der 2. Zaubertrick des Abends folgt. Vorsichtig, ganz langsam und mit einer Theatralik, als hätte er nie etwas anderes getan entfernt Daniel die stützenden Beine des Tisches. Er sieht geheimnisvoll und sehr sexy aus. Daniel trägt eine zweiteilige silbern glitzernde Kombination aus Hose und bauchfreiern Shirt. Da! Die „vermeintliche“ Jungfrau schwebt. Ich beuge mich zu meiner Schwester und erkläre ihr diesen Teil des Programms: „Das ist das mit der schwebenden Jungfrau...ich konnte mich ja leider nicht für diesen Job bewerben!“ sage ich mit einem gespielten Bedauern. Ich fahre fort: „Eigentlich wollte ich ja dich vorschlagen“ und ernte dafür von meiner Schwester, einer dreifachen Mutter, skeptische Blicke, der Marke: „Dir traue ich alles zu!“. Doch ich kann sie beruhigen: „Na ja, bei dir hätte es ja vom Sternzeichen her gepasst“ und wir lachen.
Für weitere Späßchen dieser Art bleibt keine Zeit, denn Daniel greift sich gerade einen silbernen Reifen. Beweist damit den Zuschauern, dass die Jungfrau wirklich schwebt und tanzt schließlich damit quer über die Bühne. Immer wieder schlingt er sich in und um den Reifen und man könnte ernsthaft vermuten, dass Daniel einen festen Vertrag mit Las Vegas hat. Es piepst. Mein Handy. Gabi meldet ihre Rechte an: „Was dran?“ fragt sie und da wir beide über telepatische Kräfte verfügen, wundert es mich gar nicht, dass Daniel gerade mit seinem nächsten Song anfängt und ich wie selbstverständlich „Heartbeat“ in das Handy drücke. Natürlich nicht, ohne den Blick und das Gehör von der Bühne zu wenden. Gabi macht es sich in meinem Handy wieder gemütlich und Daniel rockt los. Nach der 1. Strophe und dem Refrain ruft Daniel: „So, meine Daniel holt kurz Luft, dann zählt er: "One, Two, Three...Baby, Baby, call me Dr. Love“ singt er in ganz lang gezogenen Tönen und hält das Mikro ins Publikum. Noch verhältnismäßig schwach kommen die gleichen Zeilen zurück. „Baby, 1 can't get enought...“ versucht es Daniel weiter. Die Zuschauer wiederholen den Text jetzt schon etwas lauter. "Wham bam, oh thank you madame“ singt Daniel und pausiert erneut, doch eine richtige Antwort bekommt er nicht. „Do you want to play a game“ setzt Kübi wieder ein. “Don't tell me lies...“. Viele Fans singen lautstark mit, aber längst noch nicht alle. Daniel ist noch nicht zufrieden: „Stop!“ ruft er laut in die Menge. „Das geht viel besser!“ stellt er fest und beginnt von vorn ganz langsam zu singen: „Baby, baby call me Dr. Love...“. Er hat seine Zuschauer im Griff. Schon viel lauter erklingen die Stimmen. „Baby, I can't get enougt...“ singt Daniel jetzt wieder vor. „Baby, I can't get enought“ kommt es von seinen Fans zurück. Doch so leicht ist Daniel nicht Zufriedenzustellen. Das Spiel beginnt von vorn und es ist unglaublich, dass sich die Stimmung, die Lautstärke immer noch steigern lassen. „Baby, baby call me Dr. love“. Jetzt die Zuschauer: „Baby, baby call me Dr. love”. Ich schreie mir fast die Stimme ans dem Leib und hoffe, dass mein nicht vorhandenes Gesangstalent nicht zu Hörstürzen meiner Sitznachbarn oder zum Verwelken meiner künstlichen Sonnenblume führt. "Wham bam, oh thank you madame..." setzt Daniel wieder ein und singt das Lied zu Ende. Als der Instrumentalteil kommt und Daniel in gewohnter Manier losrockt, setzen lautstarke Beifallsstürme ein. Die Halle kocht. Als Daniel den Song beendet hat, nimmt der Applaus kein Ende und die Faniels rufen laut im Chor: „Daniel K. Superstar, Daniel K. – Superstar!“ Mindestens 10 mal hintereinander. Daniel freut sich. Er lächelt. Seine Fans können es sehen, auf der großen Bühnenleinwand. Jetzt greift er zu einer Gitarre und ich zu meinen Ersatzkassetten, denn die 1. Kassette ist zu Ende. Eine ganze Stunde lang konnte ich Daniel jetzt schon bewundern. Ganz langsam fängt Daniel an zu singen. Proud Mary, seinen Castingsong. Er hat eine Wahnsinnsstimme. Noch nie habe ich diesen Song so wundervoll gesungen hören können. „Rolling...“ singt Daniel. „Rolling...“ kommt es von den Zuschauern zurück. „Rolling on the river“ beendet Daniel die Textzeile. Nun wird der Song immer schneller, immer rockiger. In der Halle gibt es kein Halten mehr. Jetzt reißt es auch die letzten aus den Sitzen. Daniel rennt die linke Treppe hoch, steht in der Mitte: „Rolling...“ Die Fans singen noch immer mit. Plötzlich kniet Daniel am Boden. Für einen Moment bekomme ich einen Schreck. Ist er etwa ausgerutscht und hingefallen? Da ich auf die Leinwand geschaut habe, habe ich das nicht genau mitbekommen. Doch anscheinend ist alles geplant, denn was jetzt kommt, lässt sich nur schwer in Worte in fassen. Daniel kriecht in seinem hautengen Glitzerfummel, lasziv, geschmeidig wie ein Tiger, mit absolut erotischen Bewegungen, tiefen Blicken und Augenaufschlägen in die Kamera und sexy wie nie, vorwärts, auf allen Vieren auf der anderen Treppenseite wieder runter. Jede einzelne so bewältigte Stufe wird mit hysterischen Schreien und ohrenbetäubendem Jubel seiner Fans gefeiert. Ist dieser erotische Loverboy dort auf der Bühne, wirklich der kleine 18jährige Junge aus einem bayerischen Dörfchen, der sich Nutella aufs Brötchen schmiert und Schneeballschlachten macht? Nein! Dort vorn ist ein Megastar zugange. Ein ganz großer Entertainer. Ein Mann, der Millionen Herzen brechen könnte und sie stattdessen überschäumen lässt, vor Glück. Und in diesem Moment wird mir eines klar. Dort vorn sieht ein Weltstar! Das hört sich vielleicht komisch an, doch ich glaube fest daran, dass Daniel längst noch nicht alles von sich gezeigt und auch längst noch nicht alles erreicht hat! Und auf den Treppenabsätzen kniend singt er weiter: „Rolling, rolling, rolling on the river“. Die Stimmung ist aufgeheizt. Die Halle kocht. Die meisten Fans sind einer Ohnmacht nahe und Daniel fragt mit frecher Unschuldsmine: „Zwickau, geht's Euch noch gut?!“. Noch nie habe ich 1200 Menschen so laut „Jaaaaaaaaaaaaaaa!!!!“
schreien hören, wie in diesem Moment. Und noch lauter singen alle: „Rolling, rolling, rolling on the river“. Als der Song zu Ende ist, höre ich sie wieder. Die hysterisch kreischende Stimme hinter mir:"Daaaaaaaaaniieeeeel!“, bei der ich immer noch nicht rausgefunden habe, wem sie gehört. Doch Daniel beginnt mit dem nächsten Song. Satisfaction. Mich reißt es hoch. Natürlich nicht, ohne Gabi vorher ordnungsgemäß per SMS darüber zu informieren. Ich beuge mich zu meiner Schwester, die im Sommer ein Rolling Stones Konzert verpasst hat und sage: „Jetzt kommst du doch noch zu deinem Stoneskonzert!“. Sie lacht und klatscht kräftig mit. Und was muss ich dann sehen? Der eingangs erwähnte Familienvater, ja, genau der, von dem ich dachte, er wurde zum Kübifan genötigt, ist völlig aus dem Häuschen und rockt und tanzt unten in der Menge. Seine Kids haben es sich weiter hinten gemütlich gemacht. Sitzen entweder erschöpft oder peinlich berührt auf dem Hallenboden. Es ist unglaublich, wie Daniel Küblböck Generationen verbindet, wie er ganze Menschenmassen mitreißen kann. Wie viele besser, denn je funktionierenden Mütter/Töchter Beziehungen gibt es seit seinem Agieren? Wie viele Freundschaften sind durch ihn erst entstanden? Hier gleich mal ein kleiner Gruß an meiner liebe Gabi! Bussis! Beim letzten Ton des Songs singt wieder die ganze Halle mit. In einem extrem lang gezogenen gemeinschaftlichen „Saaaatisfaaactiiiiioooooooooon“ verklingt auch dieses Lied. Die Beifallsstürme setzen ein und Daniel verschwindet hinter die Bühne. Nun wird auf der Leinwand wieder ein Film gezeigt. Und man kommt noch immer nicht zum Durchatmen. In solchen Momenten muss man erst mal checken,
ob noch alle Körperfunktionen einwandfrei funktionieren, ob das Handy geht, die Kassetten reichen und der Fotoapparat richtig eingestellt ist. Ein Glück für den, der dank einer leuchtenden Sonnenblume im Dunkeln auch
alles erkennt. Dazu kommt, dass man ja auf keinen Fall etwas vom gezeigten Film verpassen darf. Es wird die kurze Reportage gezeigt, als Daniel in Strasskirchen, in seinem Elternhaus gefilmt wird. Man sieht wie er
ankommt, wie ihn seine kleinen Brüder begrüßen und wie er schließlich mit dem Papa am Küchentisch sitzt.
Und bei genau dieser Szene, bricht ein immenser Jubelsturm los. Ja, man kann schon sagen, dass der Günther auch seine Fans hat. Leider war er heute nicht mit auf der Bühne, aber jeder eingefleischte Faniel weiß, dass er
dahinter nicht nur seinem berühmten Sohn in allen Lebenslagen beisteht, sondern auch die Fans hören kann. Als der Film zu Ende ist, setzt die Band wieder ein. Fast schon entschuldigend sagt ein Musiker: „Hallo Zwickau. Kleinen Moment noch, der Daniel muss sich umziehen!“. Und dann spielen sie den Blues Brothers Song „Everybody need somebody“ und es ist endlich Zeit zum Durchatmen.
Schon während des Songs, gibt es in der Halle kein Halten mehr. „Daniel K. Superstar, Daniel K. – Superstar!“ ertönt es erneut aus allen Richtungen und ich schreie kräftig mit. Die Rufe werden immer lauter und sie werden
erhört. Es wird wieder dunkler. Meeresrauschen ist zu Hören. Wellen, die an den Strand spülen. Eine wundervolle entspannende Atmosphäre wird in die Halle gezaubert. Dann erklingt Daniels Stimme und läutet den letzten Teil des Abends ein: „Positive Energie...das Paradies ist in dir“. Vogelgezwitscher setzt ein. Viele Worte gehen in den frenetischen Jubelrufen fast unter. Wortfetzen dringen hervor: „Höre auf meinen Bauch...Wärme und Liebe...“ und dann betritt Daniel in schwarzer Hose zu weißem Jackett die Bühne. „Everytime you go away“ erkenne ich an den ersten Klängen. Jetzt muss es schnell gehen. Hastig tippe ich nur
„Angel love“ ins Handy. Die Gabi weiß schon, welcher Song gemeint ist. Dann wird die Sonnenblume angeknipst, die Wunderkerzen der anderen bestaunt und der Blick wieder zur Bühne gerichtet, wo Daniel gerade eine schöne Frau in einem langen weißen Kleid, sie soll wohl einen Engel darstellen, neben sich stehen hat. Später steht er allein auf der Bühne und singt den romantischen Song zu Ende. Die Stimmung in der Halle ist unbeschreiblich. Wahnsinnig romantisch, ergreifend und besinnlich. Mit einer gefühlvollen Gänsehautstimme, wie sie schöner nicht sein könnte, zaubert Daniel nicht nur positive Energie, sondern auch ganz viel Gefühl in die Herzen der anwesenden Zuschauer. Und die bedanken sich auf ihre Art. Die Jubelstürme sind immer noch steigerungsfähig. Mit einem ohrenbetäubenden Gekreische und weiteren „Daniel K. – Superstar“ Rufen wird versucht, Daniel ein Stück der Liebe, die er gerade jedem einzelnen Zuschauer gegeben hat, zurückzugeben. Daniel spürt das. Er lächelt. Und sein süßes Lächeln ist erneut auf der großen Leinwand zu sehen. „So, meine Damen und Herren“ beginnt Daniel zu reden und ich frage mich erneut, welche „Herren“ er meint, denn ich würde die Frauenquote schon auf 90 % schätzen. „Jetzt kommt ein Lied“ fährt Daniel fort „dieses Lied gehört den Fans“ und wie es nicht anders zu erwarten war, schreien diese frenetisch los. „Ich wäre nicht mehr hier, wenn ihr nicht da wärt!“ beteuert er. „Und ich weiß nicht...“ überlegt Daniel kurz „auch wenn ich nicht jeden einzelnen von euch kenne... doch! Es ist kein Scherz! Ich spüre aber trotzdem jeden bei mir, meine Damen und Herren!“. Auf diese persönliche Liebeserklärung Daniels kann es nur eine Antwort seiner Fans geben: Ohrenbetäubenden Jubel! „Deswegen machen wir jetzt alle Hände hoch!“ ordnet Daniel an. Erst mal eine frei haben, denke ich und sortiere meine zahlreichen Utensilien von links nach rechts und unterteile sie dabei in ganz wichtig, ein bisschen wichtig, vielleicht wichtig, nur im Notfall wichtig. Derweil geht Daniel ins Detail: „Und zwar so:..“. Auf der Leinwand ist Daniels Hand mit dem Victoryzeichen in Großaufnahme zu sehen. Und bevor die Fans mit einem „Was für eine Hand“ schmachtend in Ohnmacht fallen können, fährt Daniel fort: „Peace, meine Damen und Herren!“. Dann beginnt er zu singen „Bridge over troubled water“. Dabei sitzt er auf einem Barhocker. Ich stehe natürlich längst, schwenke natürlich meine Sonnenblume, die erstaunlicherweise immer noch leuchtet im Takt und natürlich liegt Gabi aus Passau mit einem Ohr in Zwickau. Bei diesem Song wird erneut besonders deutlich, was für eine tolle Stimme Daniel hat. Obwohl ich schon lange ein großer Danielfan bin, war mir immer bewusst, dass es in DSDS bessere Sänger gegeben hatte, deren Stimmen lediglich bei weitem nicht an die Ausstrahlung eines Kübis herankamen. Doch hier wird mir ganz deutlich klar, dass es Daniel stimmlich längst mit diesen Stimmwundern aufnehmen kann. Ja, er singt die richtigen Töne. Ja, seine Stimme hält. Und ja, auch tiefe Töne trifft er zielgenau. Daniel ist nicht nur der super Entertainer, ist nicht nur der gute Performer. Nein, Daniel ist auch ein Supersänger und ein liebenswerter Mensch dazu. Noch immer erklingen die Töne des ergreifenden Songs, noch immer werden Leuchtstäbe und andere Utensilien geschwenkt, bis den Besitzern die Arme absterben. Und die Kamera beginnt ins Publikum zu blenden. Erhobene Hände wohin man blickt. Das alles ist so ein tiefgreifendes Erlebnis, dass ich es auch heute noch nicht in Worte zu fassen vermag. Nach dem Song geht Daniel hinter die Bühne. Seine Band spielt und die Sängerin beginnt mit „Hip Teens don't wear blue jeans“. Doch die Danielfans erweisen sich erneut als schlechte Zuhörer. Sie wollen eben Daniel. Für die Band mag das undankbar erscheinen, doch die Fans brauchen diese Pausen, um das eben Erlebte zu verarbeiten. Um sich zu sammeln, um sich mal zu setzen, durchzuschnaufen, vielleicht sogar um zur Toilette zu gehen oder einfach nur die Batterien ihrer Winkelemente zu überprüfen oder herumliegende Zuhörer auf später zu verweisen. Die Dame auf der Bühne sieht das anders. Auch sie will gewürdigt werden, auch sie will Applaus. Sie meint, sie wüsste, dass wir den Daniel sehen wollen und sie sagt irgendwas von „der Ton macht die Musik“ und die meisten Fans schauen irritiert. Ist sie jetzt sauer? Ist Daniel jetzt auch sauer, weil man seinen Musikern nicht genügend Beachtung schenkt? Doch die Sängerin hat sich damit abgefunden und beginnt die Ansage: „Er ist gerade zu den besten Menschen Deutschlands gewählt worden und deshalb, macht mal kurz die Augen zu und stellt euch vor, ihr wärt vielleicht in Las Vegas!“ Na bitte, da hat sie doch erreicht was sie wollte, Jubel brandet auf. Las Vegas? Ich beuge mich zu meiner Schwester und sage: „Das tät mir grad noch fehlen“, doch die Ansagerin macht mir den langen Flug doch noch schmackhaft: „...seht dort vielleicht auch Daniel“ und schon bricht erneut ein Beifallssturm los. „Oder, ihr steht in Paris und dann habt ihr alle schöne, schöne Sachen an...“" Och ja, das könnte ich mir schon eher vorstellen. Ist ja auch nicht ganz so weit. „..ihr sagt euch: Yes, willkommen im Yoouu drive me craazy!“ und der bekannte Applaus setzt wieder ein. Schon habe ich mein Handy parat und danke Gott und den kreativen Faniels für die Erfindung der Abkürzung „Y.d.m.c.“. Gabi weiß also Bescheid. Doch bevor sie wieder den Ehrenplatz bekommen kann, stelle ich fest, dass zunächst nur die Band spielt. Wie? Was? Ich dachte, Daniel kommt? Ich bin nur kurz irritiert, denn schon betritt die gefragteste Person des Abends die Bühne. Daniel. In einem schwarzen Frack, mit Zylinder singt, nein, zelebriert er seinen ersten großen Hit. You drive me crazy. Doch er klingt anders, als der Song, zu dem ich mich vor einem Monat für die Goldbewerbung noch blamiert habe. Daniel singt ihn sehr jazzig, mit einer wahnsinnig tiefen Stimme. Es hat 2 Tänzerinnen in silbernen Kleidchen an der Seite und wirkt tatsächlich wie ein großer Entertainer aus den 20er Jahren. Und natürlich. Es macht „plopp“ und meine Kassette ist zu Ende. Hastig wird die Seite gewechselt, dann kann es weiter gehen. Anderthalb Stunde Daniel pur, habe ich demnach schon erlebt. Daniel will noch einmal das Publikum singen hören. „You drive me craaaazy“ gibt er lautstark vor. „Oh tonight“ kommt es zurück. „Oh be my baaaaby“ singt er weiter. „oh let us try“ erwidern all die, die den Text kennen. Jetzt ist Daniel wieder dran: “Until we meet again, I miss you so. Oh don't let it end“ Gerade die letzten Worte wären bezogen auf den wunderschönen Abend sehr erstrebenswert und so singen wir: „can't let you go“. Daniel scheint es zu gefallen. Er will noch mal und gibt erneut ein „You drive me craaazy“ vor und die Antwort „oh tonight“ fällt uns nicht schwer. „Oh be my baaaby“ macht er weiter. „Oh let us try“ beweisen wir ihm, dass wir den Song kennen. „Until we meet...“ stoppt Daniel, „aagaaain“ ergänzen wir. „I miss you“ singt Daniel und wir beteuern: „so“. Jetzt wieder er: „Oh don't let it...“, „end“ wissen wir selbstverständlich, wie es weitergeht. „Can't let you...“ gibt Daniel nun wieder vor. Das „go“ schreien wir ihm entgegen. „Stop“ schreit Daniel. Uups, denken wir, nicht gefallen? „Jetzt mal ohne Musik“ ordnet Daniel an und hat mal wieder alles und jeden im Griff. Jetzt singt er ganz langsam und zieht jedes einzelne Wort wie Kaugummi. Das kann er gerne machen, umso länger geht schließlich das Konzert. „Yoouuuuu driiiiive meeee“. „Craaaaaazy“ erwidern wir. Daniel fährt fort: „Oh tonigt, oh be my“. „Baaaaby“ kommt es brav zurück. „Oh let us try“ ist Daniel jetzt dran. „Until we meet again“ kennt das Publikum den Text. „I miss you“ meldet er sich wieder zu Wort. „so“ bestätigen wir. „Oh let it...“ beginnt Daniel, „end“ vollenden wir. „Can't let you” singt Daniel und wir das „go“. Daniel scheint es Spaß zu machen. „You drive me...“ beginnt er wieder. Auch wir sind noch lange nicht müde und ergänzen: „craazy, oh tonight my looove“. Daniel ist doch noch nicht ganz zufrieden.
„So, meine Damen und Herren, die da oben sitzen...“ beginnt er. Sitzt denn da noch jemand? „Stehen jetzt alle mal auf!“ fordert er und auch die letzten zwei erheben sich von den Sitzen. „You drive me crazy, oh tonight, oh be my..“ fängt Daniel an, bevor wir ihm allseits das „baby“ um die Ohren schmettern. „Oh let us try, until we meet again“ singt Daniel endlich mal ein bisschen mehr des tollen Songs. „I miss you so“ ergänzen wir. „Oh don't let it end“ stellt er fest und wir bestätigen das mit einem lautstarken „can't let you go“. „You drive me crazy, oh tonight my love“ singt er jetzt selbst. Dann wird er schneller und singt den Refrain komplett allein. „Danke
schön, Zwickau“ schreit er in die aufgeheizte Menge und ist plötzlich von seinen Tänzerinnen wieder umgeben. Dreimal hintereinander singt er die Zeilen „You drive me crazy“, von Saxophonklängen begleitet und man
kommt sich tatsächlich vor, wie in einer Jazzbar in Paris. „Auf Wiedersehen Zwickau, ihr seid ein geiles Publikum“ schreit Daniel in die kreischende Menge und tanzt sich mit seinen beiden Mädels langsam zur
bekannten Wand. Diese öffnet sich schon und ich bekomme einen Schreck. War's das schon? Ist jetzt alles aus?
Was ist mit den anderen Song seines Albums? Was ist mit „My Way“, obwohl ich ahne, dass das zur Zugabe erklingen wird. Daniel war doch gerade mal höchstens 5 Minuten auf der Bühne. Ok, vielleicht 10, erhöhe ich,
aber meine Kassetten sagen etwas anderes. Und schon verschwindet Daniel hinter der Wand. Für einen Moment starren alle fassungslos und gebannt auf dieselbe, so als hätte dort gerade jemand unseren Lieblingsstar
verschluckt. Es folgt ein extremer Applaus und ohrenbetäubender Jubel. Die Ansagerin erscheint wieder. Als wenn die jetzt einer sehen will! „Ja, liebe Fans der positiven Energie, das war’s für heute“ erklärt sie lapidar und
die Fans müssen das erst mal verkraften. „Ich hoffe, es hat euch gefallen“ spult sie ihre Worte ab. „Das war's aus dem You drive me crazy dieser Stadt“ bohrt sie das Messer noch einmal tief in die Wunde, was ja auch
zweifelsfrei ihre Aufgabe ist. „Die nächste Show kommt bestimmt“ beschwichtigt sie die erhitzten Gemüter und es ist nur ein schwacher Trost. „Lasst uns jetzt noch die Band vorstellen“ schlägt sie vor und die meisten denken: Wie? Welche Band? War da ne Band? Ich hab nur Daniel gesehen. „Zu meiner rechten der Saxophonist“ beginnt sie, doch da haben sich die Fans endlich gesammelt. Die ersten Zugaberufe werden laut. Die Ansagerin fährt unbeirrt fort: „der richtig gut einheizen konnte und Daniel unterstützt hat, denn ohne Band geht auch nicht“ bekräftigt sie. Kleiner Seitenhieb auf uns und wir denken: „Wissen wir doch“ und schreien noch lauter „Zugabe, Zugabe, Zugabe!“. „Und das ist unser Robert“ dreht sie uns den nächsten an und ich schaue erst mal auf die Uhr. 20.30 Uhr ist es. „Zu meiner rechten Seite, der Mann mit den flinken Händen. Unser Rainer, so spielt keiner!“ witzelt die Dame und ich weiß, dass meine Reime qualitativ wesentlich hochwertiger sind. Der Rest geht in minutenlangen Zugaberufen vollkommen unter. Immer lauter, immer fordernder werden die Fans. Alle wollen „My Way“ hören, alle wollen Daniel sehen. Keiner will gehen, da müsste man uns schon rausschmeißen. Plötzlich sagt die Ansagerin etwas von „Daniel Küblböck“, was sie einem gleich sympathischer macht. Schon
bricht ein Jubelsturm los und Applaus ertönt. Die Dame lässt sich von uns nicht beeinflussen und genießt ihre Macht. Sie stellt weiter die Crew vor und sagt: „Danke schön, es freut mich, dass es euch gefallen hat. Wir sehen uns wieder, wenn ihr wollt!“. Die Zugaberufe werden lauter, keiner will glauben, dass das alles war. „Vielleicht im You drive me crazy“ ergänzt sie und fügt hinzu: „Das war's für heute. Bleibt alle gesund. Viel positive Energie“.
Dann winkt sie verabschiedend ins Publikum. Fast könnte man meinen, es ist tatsächlich Schluss, doch das will keiner wahr haben. Die Lautstärke der Zugaberufe erhöht sich erneut. Sogar meine Schwester hat sich von ihrem Platz erhoben, klatscht im Takt und ruft mit den Faniels: „Zugabe, Zugabe, Zugabe!“. Gabis Frage SMS: „Kommt My Way noch?“ ist längst eingegangen. Plötzlich hört man wieder Meeresrauschen und schlagartig kehrt Ruhe im Saal ein. Ich tippe schnell ein „Jetzt!“ ins Handy. Alle lauschen Daniels Stimme: „Mein Leben war und ist wie der Himmel. Wie jedes Leben grenzenlos und wer mein Buch gelesen hat, traut sich vielleicht auch
aufzustehen und nur noch dem eigenen Bauch zu trauen und irgendetwas anzufangen, was alle überrascht!“ Und dann steht er da. Mister Daniel Küblböck himself. Immer noch im Frack, dafür ohne Zylinder und stimmt die
ersten Töne von „My Way“ an. Wieder werden die Feuerzeuge gezückt, wieder Leuchtstäbe geschwenkt und Wunderkerzen gezündet. Die 3 Damen aus 3 Generationen (eine davon um die 50), die 2 Reihen vor mir das
ganze Konzert über am Geländer standen, tanzten und winkten, singen mit und lassen die Wunderkerzen abbrennen. Es ist eine unbeschreibliche Stimmung, eine atemberaubende Atmosphäre die Daniel mit seiner
Gänsehautstimme in den Saal zaubert. Ja, er zaubert. Ja, er ist ein Magier. Ein Mensch, der soviel erreichen kann und konnte, nur weil er an sich glaubt und weil wir, seine Fans an ihn glauben. Auch Daniel wird von der
Stimmung ergriffen: „Danke schön Zwickau, Ihr wart ein supertolles Publikum!“ schreit er und man glaubt ihm, dass das keine typische Konzertfloskel ist. „Meine Damen und Herren“ richtet er die letzten Worte an seine Fans und singt: „And now the end is near...“. Ja, leider, das Ende naht unaufhaltsam und jeder Anwesende, vielleicht sogar Daniel selbst, wünscht sich diesen Augenblick anhalten zu können. Jetzt winkt Daniel ins Publikum. In alle Richtungen. Auch in meine. Und ich habe das unbestimmte Gefühl, dass er jetzt wirklich genau mich meint. Ich winke euphorisch mit meiner Sonnenblume zurück und Daniel winkt erneut. Richtig fröhlich, glücklich,
gelöst sieht er aus, während er alle Ecken des Saales mit Grüßen bedenkt. Und aus jeder kommt ein Jubelschrei zurück. „Danke schön!!!!“ schreit Daniel noch einmal, bevor er winkend die Bühne verlässt. Sofort greife ich
zum Handy: „Das war's jetzt. Ich glaube, jetzt ist Schluss. Legst du auf? Ich werd mich jetzt erst mal auf den Weg zum (Daniels) Hotel machen“ witzele ich. „Ich verstehe dich nicht, Gabi, da kannst du mir erzählen, was du willst“ schreie ich ins Telefon. Wir hören noch voneinander“ verspreche ich und lege auf. Noch immer rufen ein paar Unermüdliche: „Zugabe“, doch die hell aufflackernde Saalbeleuchtung beweist das Gegenteil. Die meisten
verlassen den Saal. Ein paar Kuscheltiere fliegen noch von denen, die vorher nicht nah genug an der Bühne standen. Auch ich habe einen kleinen Glücksbringer dabei und einen Brief an Daniel, mit einem Gedicht für ihn
und komme ins Grübeln. Meine Schwester mimt derweil den „Packesel“ und hält alles, was an Taschen und Beuteln vorhanden ist, fest in der Hand. Ich halte es fotografisch fest und werde ebenfalls von ihr abgelichtet. Es
erübrigt sich zu erwähnen, dass das so ziemlich die einzigen Bilder sind, die in diesem Abend was geworden sind (die anderen kann ich als moderne Kunst verkaufen). Aber das weiß ich jetzt noch nicht. Meine Schwester zückt den Apparat und stellt dann lachend fest, dass meine Hose offen ist. Uups, na so was, wie konnte das denn passieren? Oder besser, bei welchem Song (grins).
Aber da so was typisch für mich ist, schenke ich dem ganzen keine weitere Beachtung. Unser „Chauffeur“ kommt erst 21.30 Uhr. Fast eine Stunde Zeit, den Abend ausklingen zu lassen. Wir verlassen den Saal. Ich
schaue mich um, ob man noch irgendwo was zu Essen bekommt. Fehlanzeige. So werde ich von einem unsichtbaren Magneten zur Bühne gezogen. Und unsichtbar scheine auch ich zu sein. Je mehr die Securitys sich
Mühe geben, die letzten hartnäckigen Fans aus dem Saal zu verscheuchen, desto mehr nähere ich mich der Bühne. Ich erwarte jeden Moment den hochkantigen Rausschmiss. In der Jackentasche halte ich verkrampft den
klein zusammengefalteten Danielbrief. Jetzt bin ich vorn am Bühnenrand und frage einen Rowdy, ob es noch Sinn macht, etwas nach vorn zu werfen. „Jetzt kommt keiner mehr raus“ versichert er und ich überlege. Ich frage
ihn, ob er was übergeben kann, doch auch das verneint er. Schließlich hat er Mitleid und meint: „Versuche es am Hinterausgang, da hast du vielleicht Glück!“. Schnell frage ich: „Und wo ist der?“ „Einmal um die Halle rum“
erklärt ein logisch denkender Mann einem soeben gestärrbten Faniel. Ich gehe wieder ins Foyer. Während meine Schwester auf der Toilette ist, versuche ich es erneut. Ich frage den Posterverkäufer, ob er was übergeben kann.
Doch auch er versichert, Daniel nie persönlich zu begegnen. Vor der Toilette steht ein Mädchen mit Schottenrock. Es muss doch möglich sein, einen Faniel aus unserem Forum kennen zu lernen. Ich frage sie, doch
sie schaut mich nur verständnislos und schüchtern an. Dann kommt meine Schwester, ich bemerke es allerdings erst nach dem 3. Hallo. Dann gehen wir ins Freie. Die kalte Novemberluft schlägt uns entgegen. Bunte Kübifans, wohin man blickt. Und natürlich auch am Hintereingang. Die Securitys sind gerade dabei eine Leine zu spannen, um eine Gasse zu schaffen und die Fans abzuhalten. Ehe wir es uns versehen, stehen wir mittendrin und ich sage zu meiner Schwester: „Pass auf, jetzt werden wir mit eingewickelt“. Sogar Ornis stehen dort, wie Felsen in der Brandung, Daniels Buch unter den Arm geklemmt, in der Hoffnung einer persönlichen Widmung. Das ist so süß. Viele schreien: „Daniel, wir lieben dich!“, eine andere: „Hier ist deine große Liebe!“. Doch von Daniel nichts zu sehen. Dann öffnet sich das Tor. Ein Auto fährt heraus. Ein Aufschrei geht durch die Menge, doch das Auto stößt nur rückwärts zurück und fährt in die andere Richtung davon. Es ist ein dunkler Audi, Passauer Kennzeichen! Unverkennbar, Günther!
Warum wurde hier abgesperrt, wenn das Auto woanders lang fährt. Lange muss ich nicht überlegen, denn schon kommt es zurück. Er hat nur gewendet. Langsam fährt es an den kreischenden Fans vorbei. Ich habe den
Fotoapparat schon gezückt. Wie eine Pressefotografin halte ich ihn ans Auge gepresst. Der Fahrer winkt, ich kann nicht erkennen, ob es tatsächlich Günther ist. Auf dem Beifahrersitz sitzt eine blonde Frau. Hinten sind nur
jede Menge Kleidersäcke zu sehen. Kein Daniel. Der ist bestimmt nicht drin, denke ich und lasse enttäuscht meinen Fotoapparat sinken. Als das Auto auf die Straße biegt und nicht mehr zu sehen ist, rufen welche ganz
aufgeregt: „Ich habe Daniel hinten drin gesehen. Er lag auf der Rückbank!“ Ich hätte wohl eher meine Sonnenblume leuchten lassen sollen. Wir haben noch immer Zeit. Wir laufen zurück zum verabredeten Treffpunkt. 3 Mädchen singen und fordern auf, es ihnen gleich zu tun. Doch wir wollen niemanden mit unserem Gesang verjagen und laufen weiter. Von einem großen Parkplatz ertönt laut „We have a dream“ und bei Daniels Einsätzen grölt ganz Zwickau. Zumindest hört es sich so an. Meine Schwester meint, dass das das große dunkle Auto von vorhin sei. Ich sage, dass ich nicht glaube, dass der Daniel, hier jetzt ein Privatkonzert gibt. Aber man kann ja nie wissen! Vorsichtshalber gehe ich mich vergewissern. Nein, es ist ein anderes Kennzeichen. Jetzt wird die CD gewechselt. Daniels Album kommt rein. Die Autotüren stehen sperrangelweit offen. Überall singen und tanzen Leute. Während ich fasziniert die Szenerie beobachte, bohrt sich meine Schwester, die immer noch alle Sachen trägt, selbst die Sonnenblume durch den Pullover. Wir müssen so laut lachen, dass die anderen Fans herschauen. Ich gebe nicht auf. Ich gehe einfach, auf eine Gruppe zu und frage sie, ob sie manchmal im DSDS-Forum seien. „Nee, nur im gelben und blauen“ kommt es lapidar zurück. Ich verdrehe innerlich die Augen über meine eigene Blödheit. „Mensch, das meinte ich doch!“, irgendwie bin ich noch nicht wieder auf geistiger Höhe. So lerne ich Ozeana, San und sunshine*dani kennen. Alle sind total nett. 2 Frauen sind aus Magdeburg, 2 aus Riesa. Alle vier wollen auch nach Berlin. Die Glücklichen! Wir tauschen Erlebnisse aus. Es wird getanzt. Woanders schmeißt sich gerade ein Faniel in Danielmanier bei Heartbeat auf den kalten Asphaltboden. Wir johlen und klatschen. Das Mädchen gibt eine Zugabe. Alle sind aufgedreht. Sunshine*Dani erzählt von einem kurzen Treffen mit Daniel in einem Hotel in Lübben. Ich erzähle von meinem Telefonat. Als ich fertig bin, meint Ozeana ganz trocken: „Sag mal, ist der Daniel eigentlich auch zu Wort gekommen?“. Ich grüble. „Ähm, also wenn du mich das so fragst...“. Meine Schwester lacht nur. Dann kommt unser Auto. Wir verabschieden uns und fahren durch den dichten Nebel Richtung Chemnitz. Schon mache ich mir wieder Sorgen. Nicht, ob ich gut und sicher nach Hause komme. Sondern, ob dem Daniel nichts passiert. Ich sehe ihn im Nebel auf der Autobahn, müde auf dem Rücksitz. Mein Handy piepst. Gabi bedankt sich überschwänglich für die Liveübertragung. Und erwartet schon jetzt sehnsüchtig meinen Bericht. Der ist jetzt endlich fertig, ich hoffe er gefällt euch. Auch wenn es wieder ein Roman geworden ist. Aber ich kann eben nicht anders. Und Daniel kann man nicht mit Worten beschreiben. Man muss ihn erleben. Und einfach lieben...genau wie Euch liebe FANIELS!!!!!!!!!!!


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